@Christian:
Welche Tipps würdest du mir geben, wenn ich mich bei einem Verlag bewerben wollte?
Wenn ich etwas veröffentlichen will, was sollte ich dann machen? Was möchtest du von mir sehen und was nicht?
Was kannst du mir sonst noch als Tipps geben?
Im Grunde findest Du viele Antworten auf diese Fragen in meinen bisherigen Postings . Aber noch einmal gebündelt:
Überleg, ob Deine Fähigkeiten als Zeichner oder Autor mit dem Rest des Programms des anvisierten Verlages mithalten könnte. Kein Newcomer muss perfekt sein, es geht um die Tendenz. Wenn Du ganz ehrlich zu Dir selbst bist und das Gefühl hast, Du solltest lieber noch ein bisschen üben, übe lieber noch ein bisschen. Oder versuche, in einem Fanzine unterzukommen, da macht das Üben mehr Spaß, weil die Arbeiten veröffentlicht werden und Du konstruktives Feedback bekommst. In der Regel lernt man so auch nette Kollegen kennen. Besser als stilles Kämmerlein.
Überleg, ob Du Dein Projekt wirklich für Dich schon rund im Kopf hast. Unglücklich ist es, sich vorzustellen mit: "Ich hab da so eine Figur, die ist ganz toll. Und mit der könnte ich mir vorstellen, dies und jenes zu machen, mal schauen." Da können Deine Zeichnungen ganz toll sein, richtig überzeugend kommst Du so nicht rüber. Klare Vorstellungen sind gut und geben Deinem Auftritt auch das gewisse Etwas.
Es kann nicht schaden, sich zu fragen, ob man sich wirklich sicher ist, ein Projekt im Erfolgsfall auch unter dem Druck eines Abgabetermins durchziehen zu können. Da heißt es, auf viel Freizeit verzichten und doch ins stille Kämmerlein. Denn: Reich wirst Du als Comiczeichner in den allerseltensten Fällen.
Schau, ob Deine Sachen überhaupt in das Programm des jeweiligen Verlages passen.
Überlege, ob Du die Sache lieber per Post einschickst oder auf einer Messe das persönliche Gespräch mit einem Redakteur suchen möchtest. In der Regel gibt es auf Messen wie Frankfurt oder Leipzig feste Mappensichtungszeiten. Es kann dann natürlich je nach Andrang sein, dass Du nicht allzu viel Zeit bekommst, Dein Projekt vorzustellen.
Und dann wie oben schon beschrieben:
Stell Dein Projekt möglichst knapp allgemein vor. Was wird es für ein Genre - Funny, Abenteuer etc.? Hat der Comic ein spezielles Thema, was wollt Ihr mit ihm vermitteln?
Richtet er sich vielleicht Eurer Meinung nach an eine spezielle Zielgruppe? Hat er vielleicht sogar einen spannenden aktuellen Bezug? Wie umfangreich soll das Ganze werden? Farbe oder Schwarzweiß? Onepager, Serie oder eine umfangreiche Erzählung in einem Einzelband? Albumgröße oder Taschenbuch? Kleiner Lebenslauf kann auch nicht schaden, was machst Du sonst noch so? Keine Angst, das musst Du nicht alles reinpacken. Ist nur eine ungeordnete Ansammlung von Dingen, die mich bei einer Projektbewerbung interessieren.
Eine knappe (!), natürlich möglichst spannende Wiedergabe der Handlung. Bring die Geschichte auf den Punkt.
Vorstellung der Charaktere: Stelle Deine Figuren knapp vor. Hier ist es von Vorteil, Zeichnungen beizufügen. Möglichst pro Figur mehrere, in unterschiedlichen Posen. Zeig, dass Du sie und ihre Gestik und Mimik im Griff hast. Und dass Du weißt, wie sie von hinten aussieht. Da solltest Du Dir etwas Mühe machen. Nebenfiguren und evtl. Schauplätze sind eine nette Ergänzung, da reichen aber Skizzen.
Tja, und dann brauchst Du fertige Comicseiten. Als Newcomer würde ich Dir empfehlen, 5 bis 6 Seiten in die Form zu bringen, die sie in Deinen Augen am Ende haben sollten. Wähle am besten eine zusammenhängende Sequenz aus, möglichst eine Szene, die typisch für Deine Geschichte ist und Deine Zeichenkünste gut rüberbringt. Aber auch die Art, wie Du erzählst oder Dialoge schreibst. Bitte keine Originale schicken!
Stell Dich auf eine längere Wartezeit ein. Auch Redakteure haben einen vollen Terminkalender, ständig müssen Bücher in die Druckerei oder das nächste Programm muss unter Dach und Fach gebracht werden. Da kann eine Antwort schon mal dauern, so doof das ist.
Allgemeiner Tipp: Erzähle die Geschichte, die Du wirklich erzählen willst, versuche nicht krampfhaft, trendige Themen anzugehen, weil sie für einen Verlag attraktiver sein könnten. Themen, die eine breite Leserschaft ansprechen können, sind toll. Aber es sollten immer "Deine" Themen sein, Du solltest mit dem Herzen dabei sein. Nur dann kannst Du sie auch glaubwürdig vermitteln.
Und noch mal: Ich empfehle wirklich, Euch Plattformen zu suchen, wo Ihr Euch erproben könnt und wo Ihr Kritik bekommt. Fanzines oder Anthologien sind eine schöne Sache für so etwas. Die wenigsten Zeichner, die bei Verlagen unterkommen, kommen einfach aus dem Nichts.
Oh, da ist noch eine Frage: Auf was achtest du bei einem Comic, Artbook, etc. als erstes?
Wie schon gesagt: Der erste Eindruck geht natürlich von den Zeichnungen aus. Und hier in erster Linie davon, ob die Zeichnungen lebhaft wirken, Stimmungen und Emotionen (gleich welcher Art) vermitteln. Und ob sie im Zusammenspiel wirklich eine Geschichte in Bildern erzählen. Ist der allererste optische Eindruck gut, interessiert mich natürlich die Idee, die dahinter steht (Artbook ist etwas anderes - aber die mache ich in meinem Bereich auch nicht).