@ Peter L. Opmann: Herzlichen Dank für die hilfreichen Infos zum Thema "Fotografieren bei Veranstaltungen - Was darf man und was nicht"!!!
Allzu viel Werbung hatten die Organisatoren
Till und
Julian im Vorfeld des
PEOPLE ARE STRANGE Zinefestes nicht gemacht. Die Idee entstand im Dunstkreis der lebendigen Mönchengladbacher Musik-Szene und der blühenden Transition-Town-Bewegung. Direkt gegenüber vom Ladenlokal, dem Veranstaltungsort, liegt denn auch der Margarethengarten, Gladbachs Version des Urban Gardenings.
So waren also bei der Zine-Börse Punk- und Hardcore-Fanzines, Art- und Literatur-Zines. Julian betreibt mit
Econore selbst ein Label & Fanzine für Noise/Art/Experimental, Till organisiert Kunst-Ausstellungen und Zine-Workshops in Mönchengladbachs Alternativ-Kultur-Szene. Er ist ein toller Zeichner und Beobachter und produzierte schon etliche eigene Zines (u.a. bis jetzt 8 Ausgaben von
Mentsch). Veganismus ist eins der wiederkehrenden Themen in seinen Heften.
Leider waren einige der Fanzine-Macher nicht selbst angereist, oder tauchten nur an einem Tag auf, hatten aber vorher ihre Fanzines geschickt. Vermisst habe ich jedenfalls
Christian Kaiser aus Rostock (hier im Forum als
„comichunter“ unterwegs). Keine Spur auch von seinem Heft
FACTS & STORIES, das eigentlich für die Zine-Börse angemeldet war. Schade.
Irgendwie war’s dann doch eher eine lokale oder jedenfalls regionale Mini-Veranstaltung. Immerhin war der Workshop-Tisch meist gut besetzt. Einige arbeiteten bis in die Nacht hinein. Die Atmosphäre war angenehm, mit guter Musik (Noise nur in kleinsten Dosen
), und machte Lust, sich dazu zu setzen und loszulegen.
Es gab einen rege benutzten Kopierer und Vorlagen zum Zerschnibbeln und Collagieren. Konnte mich aber nicht überwinden, ein schön illustriertes Biologiebuch zu zerschneiden, oder das Superman-Taschenbuch und schon gar nicht den amerikanischen Autorencomic! Aaahrrgh! Zu retten war er aber auch nicht mehr. Irgendein Banause hatte ihn schon geplündert.
Am Ende hatte ich fünf fertige Mini-Zines, von denen wohl ca. drei in die von Comic-Handwerkern gerne „Kunstkacke“ geschimpfte Kategorie fallen.
Der Kopierer spielte dann noch eine tragende Rolle beim Konzert am Samstagabend (wo die Bude dann auch mal gut gefüllt war), neben zwei Verstärkern und einem Mikrofon, das der stoppelbärtige Performer
Martin „Killer“ Kircher handhabte, als sei es ein Rasierapparat. Das anschwellende Ereignis aus Kratzgeräuschen, Rauschen und Rückkopplungsgefiepe nennt man wohl „Noise“. Ich fürchtete nicht nur um meine Ohren, sondern auch um den Kopierer, den Kircher auch noch mit den Fingerknöcheln seiner geballten Faust traktierte. Trotzdem: nach dem ersten Tag war ich für die künstlerischen Qualitäten eines Kopiergeräts als grafisches Werkzeug und als Klanglieferant (damit meine ich seine Arbeitsgeräusche) sensibilisiert. Ja, wirklich, immer wenn der Kopierer in Betrieb ging am Sonntag, wurde ich auf sein musikalisches Zirren und Summen aufmerksam.
Das Interesse an
oho! (na, endlich kommt Frau FrrFrr mal zum Thema!
) war rege, würde ich sagen. Beim Mitnehmen hielt man sich zurück, aber es wurde eifrig geblättert und gelesen. Ja, man wollte wirklich
LESEN, was da drin steht. Das schien mir etwas anders zu sein als bei reinen Comic-Events, wo schnell durchgeblättert wird nach dem Kriterium „Gefällt mir der Zeichenstil, oder nicht?“ Vielleicht liege ich richtig, vielleicht ziehe ich aber auch nur aus zufälligen Beobachtungen voreilige Schlüsse.
Hatte mal wieder – aber auch das kann Einbildung sein – den Eindruck, dass viele als erstes zu
kritzlers „Bussi“ griffen, die ältere Dame ebenso wie der angejahrte Punk mit „Bad-Religion“-T-Shirt genau wie der adrett frisierte Jüngling mit dem Shirt von „Japanische Kampfhörspiele“. Habe aber langsam den Verdacht, dass die alle mit „Rolf Kaukas Bussi Bär“ (1966 bis heute) sozialisiert wurden und ganz automatisch zu dem griffen, was sie vermeintlich schon kannten.
Das mit der Schutzgebühr schien mir eine gute Idee zu sein, war aber überflüssig. Mit dem Begriff konnte man nicht immer was anfangen und dann kam prompt die Frage: „ Wie jetzt? Nur 20 Cent? Da kommt noch was dazu, oder?“
Ich hatte insgesamt 30 Sets dabei. Davon blieben 18 übrig. Drei Leute kamen auf mich zu und wollten Hefte tauschen. Neben
oho! haben sie sich auch ältere Hefte von mir rausgesucht, und ich durfte mich großzügig an ihren Ständen eindecken. Das fand ich sehr sympathisch, weil die selbst zum Teil ganz andere Sachen machten,
Julian Flemming eben
Econore, oder
Lara Plüschke aus Köln ein smartes Künstlerheft,
„Armchair Traveller“ betitelt, mit nichts als einer sparsamen Schraffur oder Textur auf jeder Seite.
Die
oho!-Blanko-Vorlagen zum Mini-Zine-Produzieren vor Ort wurden rege genutzt. Zwei Leute hinterließen Ausdrucke ihrer schnell gemachten Zines in dreifacher Ausführung am
oho!-Stand. Sie selbst tauchten aber nicht wieder auf, und keiner, den ich fragte, kannte sie.
Auf meine Frage, ob das Zinefest seine Fortsetzung findet, antwortete Till, er ziehe bald nach Braunschweig, aber der Raum sei ja da und organisatorisch halte sich alles in Grenzen, da sollte sich doch wer finden lassen, der’s macht. Dabei schaute er mich irgendwie aufmunternd an.
Übrigens gab’s noch sehr leckeres Essen jeweils über den ganzen Tag verteilt gegen Spende. Die Tische der Zine-Börse kosteten nix. Wie auch sonst galt: Alles darf benutzt werden. Spenden nach eigener Einschätzung werden begrüßt, aber keiner kontrolliert hier was.
Außerdem gab’s am Samstagabend einen zweiten Ein-Mann-Auftritt, diesmal von
Chris Herb mit
„Death To False Techno“. Klang nicht nach Techno, sondern nach etwas in der Art von Drum’n’Bass mit live gespielter E-Gitarre. Gefiel. Und Sonntagabend gab’s mehrere YouTube-Filmchen mit Beamer an die Wand projiziert, die auch alle auf der Zinefest-Website verlinkt sind. Der Beitrag über die brasilianischen Fanzine-Macher hat mich am meisten berührt, vielleicht weil die schon alle etwas älter waren und ihre Hefte noch im Prä-Computer-Zeitalter gegründet haben.
Danach bin ich bereichert und beglückt mit meinem Rollköfferchen nach Hause getrabt.
Nachtrag:
SteamINKs brandaktuellen Tisch-Aufsteller (der mein Papiertheater-Herz hüpfen lässt) kam leider erst am Tag nach dem Zinefest an. Macht aber nix. Den bekommt
Haggi für den
Comicgarten Leipzig. Wenn er wieder zu wenig Platz auf dem Tisch hat, ist das sein Problem.