Für Kellerkind:
Bei der Frage ist es mal ganz interessant, zwischen Cartoonisten und Comiczeichnern zu unterscheiden. Denn obwohl beide Spezies auf den ersten Blick gleich aussehen und es mit Sicherheit auch eine grosse Schnittmenge gibt, sind es doch unterschiedliche Berufe.
Kurz gesagt: Ich glaube nicht, dass man Zeichnen können muss, um Cartoonist zu sein. Schaut Euch Rattelschneck oder Hauck&Bauer an. Ich denke, ich verletze niemandes Gefühle, wenn ich sage, dass diese Jungs nicht zeichnen können. Aber scheisse, sind die lustig.
Oftmals sind es grade die schlecht und krampig gemachten Zeichnungen, die einem Gag die nötige Portion Albernheit verleihen und ihn dadurch noch besser machen.
Als ich mein erstes NICHTLUSTIG-Buch beim Carlsen-Verlag zusammengestellt habe, habe ich dafür viele alte Cartoons überarbeitet und neu gezeichnet. Ich wollte, dass alles zusammenpasst und in sich schön und schlüssig aussieht. Leider musste ich mir bei einigen Cartoons eingestehen, dass die um einiges lustiger waren, als sie schlecht gezeichnet waren. Ich hab mich trotzdem dazu entschieden, die neueren Version drucken zu lassen, um das Gesamtbild und die NICHTLUSTIG-Welt zu unterstützen. Aber das hat mir gezeigt, dass "besser gezeichnet" nicht immer "besserer Cartoon" bedeutet.
Im Cartoon steht der Inhalt um einiges weiter vorne als beim Comic. Niemand will auf einem Cartoon verharren, um dort die schönen Hintergründe zu geniessen und sich an den tollen Zeichnungen zu erfreuen. Man sieht sich Cartoons aus einem Grund an: Man will unterhalten werden. Wie das passiert ist erstmal zweitrangig.
Beim Comiczeichnen sehe ich das anders. Comics leben von Dramaturgie, von Identifikation mit Figuren und Situationen. Und um die dem Leser so nah wie möglich zu bringen, sollte man schon ein gewisses Handwerk beherrschen.
Um auf Deine Frage zurückzukommen: Ich bin nicht der Ansicht, dass man unbedingt ein Studium absolvieren muss, um Comiczeichner zu werden. Die Zeichner, die ich kenne und schätze, sind meistens Autodidakten, haben sich also einfach durch ihre Begeisterung und Anstrengung selbst beigebracht, was sie für ihren Job brauchen. Und Humor und Gefühl für etwas kann man ja ohnehin nicht erlernen. Man kann es nur konditionieren. Ob man das nun an einer Uni mit anderen Leuten zusammen machen will, oder alleine zuhause, sei jedem selbst überlassen.
Im Idealfall ist ein Studium eine Zeit, in der man sich ausprobieren kann. Unterstützt vom Staat und dem Geldbeutel der Eltern. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht an das gleiche Ziel auch ohne Studium kommen würde. Manchmal ist es ja auch besser, alles neu zu überdenken und nicht vorgefertigten wegen zu folgen.
Das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Wirklich besser wird man ohnehin nur, wenn man's tut. Ganz egal wo oder wann.