Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »night« (31. August 2006, 13:47)
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(...) Und vielleicht reicht es auch erst mal, sich einen Platz im fröhlichen Mittelstand zu erarbeiten. So wie Kim Schmidt, der in Dollerup nahe Flensburg lebt. Schmidt ist 41, hat eine Frau, zwei Kinder, zwei Autos und zwei Häuser – alles durch Comics-Zeichnen bezahlt. Ohne fette Bestseller oder Verfilmungen. Doch, das geht.
Kim Schmidt liebte als Kind Comics. Er zeichnete sie ab und begann seine erste Serie "Öde" für ein Flensburger Anzeigenblatt bereits in der Schulzeit – die läuft bis heute. Etwas später folgte die Serie "Local Heroes" für das »Flensburger Tageblatt«, und weil er in Flensburg konkurrenzlos war und sich sein Ruf als zuverlässiger Grafiker rasch verbreitete, wurde er nach einem abgebrochenen Architekturstudium und einer abgeschlossenen Krankenpflegerausbildung professioneller Comic-Zeichner.
Seit zwölf Jahren lebt er davon. In dieser Zeit hat er 25 Bücher veröffentlicht, meist in seinem eigenen Verlag "Flying Kiwi". Dort erscheinen außerdem Cartoon-Landkarten, die erste von Schleswig-Holstein, "Hedwig Holzbein", hat er bisher rund 80.000-mal verkauft. Das hat einige Jahre gedauert, aber "man muss das alles langfristig sehen". Außerdem veranstaltet er bundesweit Comic-Workshops für Kinder und arbeitet als Grafiker für Sparkassen oder die Stadtreinigung. Das Geheimnis seines Erfolges fasst er knapp zusammen: "Disziplin und Durchhaltevermögen."
Schmidt ist ein echter Küstenbewohner, seine Worte sind breit, seine Sätze oft einsilbig. Auch das hat ihn wohl zu einem lokalen Star gemacht – er ist an seinem Publikum nahe dran. Allerdings fehlt ihm dessen verbreitetes Sicherheitsdenken. "Als ich mich selbstständig gemacht habe, war gerade unser erster Sohn geboren. Aber ich dachte, na ja, es geht doch finanziell, ich mache das jetzt. Ich habe veröffentlicht, und jede Veröffentlichung ist wie ein Stein, den man ins Wasser wirft. Der zieht Kreise, und man bekommt wieder Aufträge, auch Werbeaufträge."
Der Zeichner arbeitet acht, neun Stunden pro Tag, "fünf Tage die Woche plus Wochenende. Aber nicht immer". Ein Freund hat als Autohändler inzwischen viel mehr Geld mit viel weniger Arbeit gemacht, aber das ist kein Problem: "Ich zeichne doch gerne. Und wenn du dich mit einer Sache beschäftigst, die wirklich gut läuft, merkst du gar nicht, wie die Zeit vergeht."
Deshalb empfiehlt er Nachwuchszeichnern auch immer weiterzumachen. "Ich sag' denen: Tu es, du musst machen, was du willst. Such dir irgendwas, wo du veröffentlichen kannst, ein Anzeigenblatt oder eine Gemeindezeitung, und fang an. Klar, die haben oft Illusionen. Die denken, wenn du ein Buch bei Carlsen hast, hast du es geschafft. Aber darum geht es doch nicht."
Auch für ihn nicht. Er hat vor einiger Zeit ein neues Projekt mit einem Kollegen begonnen, der erste Band hat 200 Seiten, es ist viel Arbeit. "Wirtschaftlich ist es absurd, so etwas zu machen. Aber wenn ich so ein Projekt anfange, dann in erster Linie, weil ich es will. Ich bin eben Comic-Zeichner. Geldverdienen kommt als Zweites. Erst mal geht es um Spaß."